Immer mehr Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss
Immer mehr Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss, Foto: Pixabay

Die Zahl der jungen Menschen in Deutschland, die die Schule ohne einen Hauptschul- oder vergleichbaren Abschluss verlassen, ist deutlich gestiegen. Im Schuljahr 2023/2024 verließen rund 62.000 Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss die Schule – der höchste Wert der vergangenen zehn Jahre. Im Jahr davor waren es knapp 56.000. Die Daten stammen vom Statistischen Bundesamt und wurden auf Anfrage des Bündnisses Sahra Wagenknecht veröffentlicht.

Inhaltsverzeichnis:

Steigender Anteil junger Menschen ohne Abschluss

Der Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Während im Schuljahr 2013/2014 noch 5,5 Prozent der Jugendlichen ohne Abschluss blieben, waren es 2023/2024 bereits 7,8 Prozent. Damit setzt sich ein Trend fort, der seit 2013 – mit Ausnahme der Corona-Jahre – anhält. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass es sich um ein dauerhaftes Problem handelt. Bereits im Jahr 2006 lag der Anteil bei 8 Prozent, was damals über 75.000 Betroffene bedeutete.

Die Entwicklung zeigt, dass sich die Fortschritte der vergangenen Jahre wieder umkehren. Trotz verschiedener Förderprogramme und politischer Maßnahmen gelingt es nicht, die Zahl der Schulabbrecher nachhaltig zu senken. Der Nationale Bildungsbericht 2024 verweist auf strukturelle Defizite im Schulsystem, die insbesondere sozial benachteiligte Kinder treffen.

Kritik von Sahra Wagenknecht und Forderung nach Reformen

Die Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht, Sahra Wagenknecht, bezeichnete die Zahlen als „ein Armutszeugnis für das Bildungssystem“. Sie forderte die Bildungsministerin auf, gemeinsam mit den Kultusministern der Länder einen Bildungsgipfel im Kanzleramt einzuberufen. Ihrer Ansicht nach bedeute die wachsende Zahl der Jugendlichen ohne Abschluss auch einen hausgemachten Fachkräftemangel. Wagenknecht sagte, jedes Jahr entspreche die Zahl der Betroffenen einem „großen Fußballstadion voller Schüler ohne Schulabschluss“.

Ungenügende Förderung in Grund- und Mittelschulen
Ungenügende Förderung in Grund- und Mittelschulen, Foto: Pixabay

Folgende Probleme hob sie hervor:

  1. Fehlende Chancengleichheit zwischen den Bundesländern.
  2. Ungenügende Förderung in Grund- und Mittelschulen.
  3. Mangelnde Unterstützung für Jugendliche aus sozial schwachen Familien.

Diese Punkte verdeutlichen, dass strukturelle Unterschiede zwischen den Ländern das Problem weiter verschärfen.

Ursachen laut Deutschem Lehrerverband und Forschungseinrichtungen

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, sieht mehrere Gründe für den Anstieg der Schulabbrecherquote. Einige Schülerinnen und Schüler hätten Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache, insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund oder aus geflüchteten Familien. Dadurch entstünden Verständigungsprobleme, die zu Lernrückständen führten. Düll betonte außerdem, dass mangelnde Motivation und fehlende Identifikation mit gesellschaftlichen Werten eine Rolle spielten.

Er nannte drei Hauptfaktoren:

  • Sprachliche Barrieren bei neu zugewanderten Jugendlichen.
  • Fehlende Lernmotivation und geringe Bindung an das Land.
  • Gesellschaftliche Alternativen, etwa die Möglichkeit, ohne Ausbildung Geld zu verdienen.

Kai Maaz, Direktor des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation, sieht die Verantwortung jedoch nicht allein bei den Jugendlichen. Er betonte, dass das Bildungssystem und die Gesellschaft stärker in die Pflicht genommen werden müssten. Maaz erklärte, Lernen baue auf vorhandenen Kompetenzen auf, und viele junge Menschen verfügten nicht über ausreichende Basisfähigkeiten. Diese Defizite ließen sich später nur schwer ausgleichen.

Frühförderung und Integration als Schlüssel

Experten fordern gezielte Frühförderung, um Lernrückstände zu vermeiden. Kinder sollten bereits vor der Einschulung besser unterstützt werden, um sprachliche und soziale Kompetenzen aufzubauen. Maaz betonte, dass dies besonders für Kinder aus benachteiligten Familien wichtig sei.

Zudem brauche es spezielle Programme für Jugendliche, die erst spät ins deutsche Schulsystem eingetreten sind – etwa nach einer Flucht. Viele dieser jungen Menschen hätten kaum Zeit gehabt, sich in die Strukturen des Systems einzugewöhnen oder ausreichend Sprachkenntnisse zu erwerben.

Einige Bildungseinrichtungen haben bereits begonnen, Pilotprojekte zu starten, die intensive Sprachförderung, psychologische Betreuung und berufsorientierte Maßnahmen kombinieren. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um die wachsende Zahl der Schulabbrecher zu stoppen, bleibt abzuwarten.

Die aktuellen Zahlen zeigen klar, dass das Problem des fehlenden Schulabschlusses wieder wächst. Bildungsforscher, Lehrerverbände und Politiker fordern daher schnelle und koordinierte Maßnahmen, um Jugendlichen bessere Zukunftsperspektiven zu ermöglichen. Ohne entschlossenes Handeln droht die Zahl der Betroffenen weiter zu steigen – mit gravierenden Folgen für Arbeitsmarkt und Gesellschaft.

 Quelle: Stuttgarter Nachrichten

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