Mit der schriftlichen Deutschprüfung haben am Dienstag in Baden-Württemberg die Abiturprüfungen für das Schuljahr 2024/2025 offiziell begonnen. Rund 30.000 Schülerinnen und Schüler traten an allgemeinbildenden sowie beruflichen Gymnasien zur ersten schriftlichen Prüfung an. Die Kultusministerin Theresa Schopper ermutigte alle Beteiligten, die Herausforderung mit Ruhe und Zuversicht zu meistern. Besonders im Fokus standen die vier Wahlaufgaben im Fach Deutsch, die eine große thematische Bandbreite abdeckten.
Inhaltsverzeichnis:
- Auswahlmöglichkeit bei literarischen und gesellschaftlichen Themen
- Auch an beruflichen Gymnasien vier Wahlaufgaben
- Vielfältige Themen auf grundlegendem Niveau
- Spannungsfreier Prüfungsbeginn trotz Herausforderungen
Auswahlmöglichkeit bei literarischen und gesellschaftlichen Themen
Die Aufgabenstellungen an den allgemeinbildenden Gymnasien boten den Prüflingen vier Optionen. Diese deckten sowohl klassische literarische Analysen als auch gesellschaftskritische Fragestellungen ab.
Juli Zehs Roman „Corpus Delicti“ bildete die Basis für eine literarische Erörterung. Die Schülerinnen und Schüler sollten prüfen, ob die Aussagen des Literaturwissenschaftlers Jan Wittmann über das Justizsystem auf die Figuren Sophie Stock und Lutz Rosentreter zutreffen. Dies erforderte sowohl Textkenntnis als auch analytisches Denken.
Die zweite Aufgabe betraf das Gedicht „Die Nacht verrinnt, der Morgen dämmert“ von Arno Holz. Die Prüflinge mussten es interpretieren und in den Kontext der Literatur um 1900 einordnen. Die symbolistische Sprache und der geschichtliche Hintergrund machten diese Aufgabe besonders anspruchsvoll.
In der dritten Option stand die Analyse eines Artikels von Alexander Cammann im Vordergrund. Sein Beitrag „Die neue Macht der Stimme“ aus der Wochenzeitung Die Zeit thematisierte den Einfluss von Podcasts und Sprachnachrichten auf den gesellschaftlichen Diskurs. Die Schülerinnen und Schüler sollten dabei auch ihre Kenntnisse zur Sprache im politischen und medialen Kontext einbringen.
Die vierte Aufgabe forderte einen Kommentar zur Rolle sozialer Medien in der Demokratie. Zur Verfügung stand ein umfangreiches Dossier mit Texten von Jan-Hinrik Schmidt, Jürgen Habermas, Bernhard Pörksen und weiteren Autorinnen und Autoren. Die zentrale Frage lautete, ob soziale Medien die demokratische Verständigung fördern oder behindern.
Auch an beruflichen Gymnasien vier Wahlaufgaben
Parallel dazu fand auch an den beruflichen Gymnasien die schriftliche Deutschprüfung statt. Schülerinnen und Schüler wählten auch hier aus vier Aufgaben, differenziert nach erhöhtem oder grundlegendem Anforderungsniveau. Im erhöhten Niveau ging es ebenfalls um komplexe literarische und gesellschaftliche Themen.
Grundlage der ersten Aufgabe war ein Auszug aus dem Roman „Die Habenichtse“ von Katharina Hacker. Gefordert war ein Vergleich mit Textstellen aus Wolfgang Koeppens „Tauben im Gras“ oder Anna Seghers’ „Transit“. Thema war die Ohnmacht der Protagonistinnen und Protagonisten in krisenhaften Situationen.
Wiederkehrend war das Gedicht „Die Nacht verrinnt, der Morgen dämmert“ von Arno Holz, diesmal im Druck des Dietz Verlages aus dem Jahr 1924. Die Aufgabe zielte auf eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der symbolistischen Dichtung dieser Epoche.
Eine weitere Option war die Analyse des Artikels „Heute schon ‚gepitcht‘?“ von Hendrik Munsberg, erschienen in der Süddeutschen Zeitung. Hier sollten die Prüflinge Argumentation, Sprache und Intention untersuchen sowie die Position des Autors reflektieren.
Für das Essay zum Thema „Kommunikation und Demokratie“ erhielten die Schülerinnen und Schüler mehrere Materialien, darunter Texte von Habermas, Pörksen und Schmidt, sowie eine Grafik aus der JIM-Studie 2023, die den Medienumgang von Jugendlichen dokumentiert. Es galt, Abstracts zu formulieren und anschließend einen zusammenhängenden essayistischen Text zu schreiben.
Vielfältige Themen auf grundlegendem Niveau
Auch das grundlegende Anforderungsniveau an beruflichen Gymnasien hielt vier unterschiedliche Aufgaben bereit. Diese richteten sich vor allem an Schüler, die Deutsch vierstündig belegt hatten.
Georg Büchners „Woyzeck“ stand im Zentrum der ersten Aufgabe. Untersucht wurden die Szenen 20 und 22 sowie die darin enthaltenen Beziehungsdynamiken. Der Fokus lag auf der Interpretation sowie den Einflüssen sozialer und psychischer Faktoren.
Die zweite Aufgabe forderte eine Interpretation von Marie Holzers Kurzprosatext „Die rote Perücke“ aus der Sammlung Prosa expressionistischer Dichterinnen. Die Schülerinnen und Schüler sollten dabei Kenntnisse zur Literatur um 1900 anwenden.
Die dritte Aufgabe basierte auf dem Artikel „Wie du wieder aussiehst“ von Kerstin Bund. Inhaltlich stand die Frage nach Kleidung in der Arbeitswelt im Mittelpunkt. Es galt, Argumentation und Intention zu analysieren und anschließend eine eigene Position darzustellen.
Den Abschluss bildete eine Analyse des Textes „Emojis. Kein Problem ;-)“ von David Hugendick. Die Aufgabe verlangte eine Auseinandersetzung mit der Rolle von Emojis in der digitalen Kommunikation. Auch hier wurde die gesellschaftliche Relevanz betont.
Spannungsfreier Prüfungsbeginn trotz Herausforderungen
Trotz der Komplexität der Themen verlief der Prüfungsauftakt weitgehend reibungslos. Schulen meldeten geordnete Abläufe, die Aufgabenstellungen seien den Vorgaben entsprechend verständlich gewesen. Viele Prüflinge äußerten sich im Nachgang erleichtert, einige auch überrascht über die Themenvielfalt.
Insgesamt zeigt sich ein klarer Trend zu gesellschaftlich relevanten Fragestellungen im Deutsch-Abitur. Der Fokus auf Medien, Sprache und Demokratie spiegelte sich in mehreren Aufgaben wider. Das Kultusministerium kündigte an, diesen Weg auch in den kommenden Jahren weiterzugehen.
Quelle: Stuttgarter Nachrichten