Die Zahl der fehlenden Schüler an beruflichen Schulen in Baden-Württemberg steigt alarmierend. Eine neue Umfrage des Berufsschullehrerverbandes zeigt, dass rund 90 % der befragten Einrichtungen von häufigem Fernbleiben berichten. Betroffen sind besonders Bildungsgänge zur Ausbildungsvorbereitung und Angebote für Geflüchtete. Die Ursachen sind komplex, die Konsequenzen ernst.
Inhaltsverzeichnis:
- Fehlzeiten an beruflichen Schulen nehmen drastisch zu
- Hauptgründe - familiäre Belastungen und Schulmüdigkeit
- Konkrete Strafen bei wiederholtem Schwänzen
- Forderungen nach mehr Unterstützung und Konsequenz
Fehlzeiten an beruflichen Schulen nehmen drastisch zu
Laut einer Befragung unter 230 beruflichen Schulen geben rund 90 % an, dass mindestens ein Drittel ihrer Schülerinnen und Schüler häufig fehlt. In 40 % der Fälle kommt sogar nur etwa die Hälfte der Jugendlichen regelmäßig zum Unterricht. Besonders auffällig ist die Lage in Bildungsgängen zur Ausbildungsvorbereitung und in Programmen für Geflüchtete.
Diese beiden Gruppen umfassen laut Angaben des Berufsschullehrerverbandes rund 15.000 Lernende. Insgesamt besuchen etwa 388.000 Schülerinnen und Schüler berufliche Schulen im Land. Eine genaue schulübergreifende Statistik existiert nicht. Das Kultusministerium führt hierzu keine eigene Erhebung und verweist auf den Wunsch, Schulen von zusätzlicher Bürokratie zu entlasten.
Hauptgründe - familiäre Belastungen und Schulmüdigkeit
Die häufigsten Ursachen für das wiederholte Fehlen liegen laut Umfrage in familiären Problemen und dem Verlust von Motivation. Schlechte Erfahrungen mit dem Schulsystem und ein generelles Desinteresse am Unterricht spielen ebenfalls eine zentrale Rolle.
Das Kultusministerium nennt zusätzlich individuelle Faktoren wie Überforderung, schlechte Leistungen oder wiederholtes Sitzenbleiben. Auch soziale Spannungen zwischen Lehrkräften und Lernenden sowie unter den Schülern selbst können zu längeren Fehlzeiten führen. Krankheit sei hingegen nur in rund 11 % der Fälle der Auslöser, wie die Umfrage zeigt.
Konkrete Strafen bei wiederholtem Schwänzen
Die Verletzung der Schulpflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Schulen sind verpflichtet, die zuständigen Ordnungsämter zu informieren. Diese können Bußgeldverfahren gegen die Eltern einleiten. Bei schwerwiegendem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung werden auch Jugendämter eingeschaltet.
Weitere Maßnahmen umfassen:
- Erziehungsmaßnahmen wie Nachsitzen
- Eintrag häufiger Fehlzeiten ins Zeugnis
- Note 6 bei unentschuldigtem Fehlen in Prüfungen
- Bußgelder für Schüler ab 14 Jahren
- Verlangen eines ärztlichen Attests bei häufigem Krankheitsausfall
- In Extremfällen kann sogar das Sorgerecht der Eltern in schulischen Fragen entzogen werden.
Forderungen nach mehr Unterstützung und Konsequenz
Der Berufsschullehrerverband fordert zusätzliche Sozialarbeiter und mehr Sanktionen für Schulschwänzer. Christoph Franz, Sprecher der Direktorenvereinigung, kritisiert, dass Lehrkräfte zu viel Zeit mit Fehlzeitenmanagement verbringen müssen. Diese Zeit fehle für die pädagogische Arbeit im Klassenzimmer.
Das Kultusministerium verweist auf bereits vorhandene Ressourcen und flexible Konzepte in den betroffenen Bildungsgängen. Dazu zählen Teamteaching, abgestimmte Maßnahmen im Kollegium und flexible Stundentafeln. Diese Strukturen sollen frühzeitig auf Anzeichen von Schulabsentismus reagieren können. Trotzdem zeigt die Realität an vielen Schulen, dass der Handlungsbedarf weiter besteht.
Quelle: Stuttgarter Zeitung