Kein Frontalunterricht, keine Noten und keine festen Klassenarbeiten – die Schickhardt-Gemeinschaftsschule in Stuttgart-Süd startet mit einem revolutionären Schulkonzept. Im Zentrum stehen Eigenverantwortung, Motivation und individuelle Förderung. Die Schule orientiert sich an der Alemannenschule in Wutöschingen, die bereits 2019 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet wurde. Die Nachfrage nach Schulplätzen steigt stetig.
Inhaltsverzeichnis:
- Neuer Tagesbeginn mit Pilates, Musik und Nachrichten
- Lernatelier statt klassischer Unterricht
- Matratzen, „Senkrechtstarter“ und Belohnungssystem
- Lernnachweise und Coaching statt Noten
- Starke Nachfrage für das kommende Schuljahr
Neuer Tagesbeginn mit Pilates, Musik und Nachrichten
Der Unterricht beginnt mit einer „Ankommenszeit“, nicht mit Mathe oder Deutsch. Die Kinder wählen zwischen singen, lesen, Pilates oder Nachrichten besprechen. Diese Zeit stärkt die Konzentration und das soziale Miteinander. Emmy meint: „Ich war vorher noch müde, jetzt bin ich wach und bereit“.
Musiklehrer Philipp Seyboldt begleitet die singenden Kinder, während andere in Gruppen lesen. Die Aktivität richtet sich nach den Interessen der Schülerinnen und Schüler.
Lernatelier statt klassischer Unterricht
Im „Lernatelier“ hat jedes Kind seinen eigenen Arbeitsplatz. Kein Frontalunterricht – stattdessen begleiten Lehrkräfte individuell. Elena nennt ihren Platz „Büro“, Emmy nutzt ein Tablet für Mathematik, Louisa schreibt eine Kurzgeschichte. Die Kinder entscheiden selbst, was und wann sie arbeiten.
Lehrkräfte greifen nur bei Bedarf ein. Der Wochenplan „Schickbook“ dokumentiert alle Aufgaben. Die Atmosphäre erinnert an eine Prüfungssituation – ruhig und konzentriert.
Matratzen, „Senkrechtstarter“ und Belohnungssystem
Einige Kinder lernen auf Matratzen oder an kleinen Tischen. Nur „Senkrechtstarter“ – Kinder, die sich an Regeln halten – dürfen frei wählen, wo sie arbeiten. Wer die Regeln verletzt, kehrt in die „Starthilfe“ zurück.
Das Belohnungssystem ersetzt klassische Strafen. Es fördert Verantwortungsbewusstsein und gibt motivierten Schülern mehr Freiraum. Die flexible Umgebung stärkt Selbstvertrauen und Eigenständigkeit.
Lernnachweise und Coaching statt Noten
Statt Noten oder Klassenarbeiten erbringen die Kinder „Lernnachweise“ – sie entscheiden selbst, wann sie bereit sind. Regelmäßige Coaching-Gespräche helfen bei der Reflexion und Zielsetzung.
Nachmittags besuchen sie „Clubs“, die klassische Nebenfächer ersetzen. Im Angebot: Theater, Imkern, Waldentdecker-Club, Pilze züchten und Pizza backen. Ziel ist praktisches Lernen durch eigene Interessen.
Starke Nachfrage für das kommende Schuljahr
Die Nachfrage steigt deutlich: 80 Anmeldungen in diesem Schuljahr, über 100 bereits fürs nächste. Schulleiterin Sandra Vöhringer und Lehrerin Alexandra Reitze berichten von hoher Motivation, Konzentration und einer ruhigen Lernatmosphäre.
Der Impuls kam durch die Alemannenschule – nach nur vier Monaten startete das Projekt. Nach sieben Monaten ist die Bilanz positiv: Der Ansatz funktioniert.
Quelle: SWR